Die Schweiz steht seit längerer Zeit unter Druck, ihre Gesetzgebung an die internationalen Standards zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung anzupassen. Aus diesem Grund hat das Parlament am 12. Dezember 2014 das Gesetz zur Umsetzung der revidierten Empfehlungen der Groupe d’action financière (GAFI) verabschiedet. Im Bestreben, juristische Personen transparenter zu machen, hat der Gesetzgeber neue Vorschriften für Aktionäre von nicht börsenkotierten Gesellschaften, GmbH-Gesellschafter und Gesellschaften selbst eingeführt. Die neuen Bestimmungen werden voraussichtlich Mitte 2015 in Kraft treten.

Neue Vorschriften für Inhaberaktionäre: Offenlegung des formell Berechtigten

Art. 697i OR sieht neu vor, dass eine Person, welche Inhaberaktien einer nicht börsenkotierten Gesellschaft erwirbt, der Gesellschaft innerhalb eines Monats nach dem Erwerb eine Meldung zu erstatten hat. Diese Pflicht des formell berechtigten Inhaberaktionärs, sich der Gesellschaft gegenüber zu erkennen zu geben, gilt unabhängig von der Grösse der erworbenen Beteiligung.

Mit der Meldung hat der Inhaberaktionär den Vor- und Nachnamen bzw. – falls es sich um eine juristische Person handelt – die Firma sowie die Adresse offen zu legen. Gleichzeitig muss der Inhaberaktionär der Gesellschaft gegenüber auch den Nachweis erbringen, dass er effektiv im Besitz der gemeldeten Aktien ist. Schliesslich hat der Inhaberaktionär zusammen mit der Meldung einen amtlichen Ausweis bzw. – im Fall einer juristischen Person – einen Handelsregisterauszug oder ein vergleichbares Dokument vorzulegen.

Handlungsbedarf bei Inkrafttreten

Die Meldepflicht für Inhaberaktionäre wird grundsätzlich nur bei einem Erwerb von Aktien ausgelöst. Beim Inkrafttreten von Art. 697i OR müssen aber sämtliche Personen, welche zu diesem Zeitpunkt Inhaberaktien halten, der Gesellschaft eine Bestandesmeldung erstatten, auch wenn sie keine zusätzlichen Aktien erwerben. Für den Fall, dass Inhaberaktionäre ihrer Meldepflicht bei oder nach Inkrafttreten der neuen Vorschriften nicht nachkommen, sieht das Gesetz einschneidende Sanktionen vor: Sowohl die in den Aktien verkörperten Mitgliedschaftsrechte (wie das Stimmrecht) als auch die Vermögensrechte (wie das Recht auf eine allfällige Dividende) können für die nicht gemeldeten Aktien während der Dauer der Unterlassung nicht ausgeübt werden.

Neue Vorschriften für Inhaber- und Namenaktionäre sowie GmbH-Gesellschafter: Offenlegung des wirtschaftlich Berechtigten

Nach Art. 697j OR muss sowohl der formell berechtigte Inhaberaktionär als auch der formell berechtigte Namenaktionär, wenn er mit seiner Beteiligung (alleine oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten) den Schwellenwert von 25% des Aktienkapitals oder der Stimmen erreicht oder überschreitet, der Gesellschaft gegenüber den wirtschaftlich Berechtigten offenlegen. Dabei handelt es sich um diejenige natürliche Person, für welche der formell berechtigte Aktionär letztendlich handelt. Bei entsprechender Beteiligungsgrösse muss ein formell berechtigter Aktionär, welcher die Beteiligung beispielsweise bloss treuhänderisch hält, in Zukunft somit den Treugeber offenlegen.

Unklar bleibt, weshalb der Gesetzgeber für das Entstehen der Meldepflicht auf die Beteiligungsgrösse des formell Berechtigten abstellt. Dies führt dazu, dass ein wirtschaftlich Berechtigter, welcher seine Beteiligung über mehrere formell Berechtigte hält, welche je einzeln mit weniger als 25% am Aktienkapital oder den Stimmen beteiligt sind, nicht offen gelegt werden muss, auch wenn er 100% der Gesellschaft kontrolliert. Nach den Empfehlungen der GAFI ist bei der Einführung eines Schwellenwerts aber auf die Beteiligung des wirtschaftlich Berechtigten abzustellen. Die Praxis wird daher weisen müssen, ob eine Meldepflicht über den Wortlaut von Art. 697j OR hinaus bereits dann besteht, wenn der wirtschaftlich Berechtigte (über mehrere formell Berechtigte) eine Beteiligung von 25% oder mehr hält.

Mit der Meldung hat der formell Berechtigte der Gesellschaft den Vor- und Nachnamen sowie die Adresse des wirtschaftlich Berechtigten bekannt zu geben.

Eine vergleichbare Pflicht zur Meldung des wirtschaftlich Berechtigten wird auch für formell berechtigte GmbH-Gesellschafter eingeführt, welche mit ihrer Beteiligung den Schwellenwert von 25% des Stammkapitals oder der Stimmen erreichen oder überschreiten (Art. 790a OR).

Handlungsbedarf bei Inkrafttreten

Die Pflicht zur Offenlegung des wirtschaftlich Berechtigten wird nach dem Gesetzeswortlaut ebenfalls durch den Erwerb von Aktien ausgelöst. Formell berechtigte Inhaberaktionäre, welche beim Inkrafttreten von Art. 697j OR (alleine oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten) eine Beteiligung von 25% oder mehr des Aktienkapitals oder der Stimmen halten, müssen den wirtschaftlich Berechtigten aber offenlegen, auch wenn sie keine zusätzlichen Aktien erwerben. Hingegen soll nach den Ausführungen des Gesetzgebers eine Pflicht zur Offenlegung des wirtschaftlich Berechtigten für formell berechtigte Namenaktionäre erst bei einem (weiteren) Erwerb von Aktien bestehen.

Wie die Erfahrungen mit der Meldepflicht für Aktionäre von börsenkotierten Gesellschaften (Art. 20 BEHG) gezeigt haben, können sich bei der Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten komplexe Fragen stellen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich für die meldepflichtigen formell berechtigten Aktionäre und GmbH-Gesellschafter, die Person des wirtschaftlich Berechtigten sorgfältig zu eruieren. Für den Fall, dass der Pflicht zur Offenlegung des wirtschaftlich Berechtigten nicht nachgekommen wird, sieht das Gesetz als Sanktion nämlich ebenfalls vor, dass sowohl die Mitgliedschaftsrechte (wie das Stimmrecht) als auch die Vermögensrechte (wie das Recht auf eine allfällige Dividende) nicht mehr ausgeübt werden können.

Neue Vorschriften für Gesellschaften

Gesellschaften, welche Inhaberaktien ausgegeben haben, müssen ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuerungen ein Verzeichnis über die formell berechtigten Inhaberaktionäre führen (Art. 697l OR). Sämtliche Aktiengesellschaften und GmbHs sind sodann verpflichtet, ein Verzeichnis über die der Gesellschaft gemeldeten wirtschaftlich Berechtigten einzurichten. Die revidierten Bestimmungen enthalten auch neue Pflichten, was die Führung des Aktienbuchs (für Namenaktien) und der neuen Verzeichnisse angeht. Insbesondere ist erforderlich, dass die Belege, gestützt auf welche eine Person in das Aktienbuch oder ein Verzeichnis eingetragen wurde, von der Gesellschaft auch noch während zehn Jahren nach deren Streichung aufbewahrt werden. Weiter sind die Leitungsorgane der Gesellschaft auch in die Durchsetzung der Meldepflichten eingebunden, indem sie sicherzustellen haben, dass die Aktionäre bzw. GmbH-Gesellschafter ihre Mitgliedschafts- und Vermögensrechte nicht unter Verletzung der Meldepflichten ausüben.

Gestaltungsmöglichkeiten

Mit der Einführung der Meldepflicht für Inhaberaktionäre wird die Inhaberaktie als Beteiligungspapier, welches dem Inhaber Anonymität gegenüber der Gesellschaft garantiert, abgeschafft. Um diesen Anonymitätsverlust zu kompensieren, ermöglicht das Gesetz den Gesellschaften, die Führung des Verzeichnisses der Inhaberaktionäre an einen Finanzintermediär im Sinne des Geldwäschereigesetzes zu delegieren. In diesem Fall können bzw. müssen die Inhaberaktionäre ihre Meldungen an den von der Gesellschaft eingesetzten Finanzintermediär erstatten, welcher der Gesellschaft gegenüber nur beschränkt auskunftspflichtig ist.

Gerne sind wir bereit, Sie bei der Umsetzung der neuen Transparenzvorschriften zu beraten.

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