Das neue Kindes- und Erwachsenenschutzrecht ist mittlerweile seit fast zwei Jahren in kraft. Zeit genug, um erste Lücken und Tücken festzustellen. Eine Problematik betrifft die Validierung des Vorsorgeauftrags in der Praxis – insbesondere im Bankgeschäft.

Erste Erfahrungen

Die Implementierung des Vorsorgeauftrags im Rahmen der Revision des Erwachsenenschutzrechts bot in der Praxis kaum Probleme. Lediglich die durch die Revision bedingte Zunahme der Arbeitsbelastung der Kindesund Erwachsenenschutzbehörde (KESB) gab verschiedentlich Anlass zu Diskussionen: Die Verfahren, welche in die Zuständigkeit der KESB fallen, dauern seit der Revision aufgrund erhöhter Auslastung der Behörde vergleichsweise lange.

Die Krux der Anerkennung

Diese überdurchschnittlich langen Bearbeitungsfristen sind auch im täglichen Bankgeschäft spürbar. Viele Bankkunden verfügen inzwischen über einen Vorsorgeauftrag, mit welchem sie geregelt haben, wer im Falle ihrer Urteilsunfähigkeit ihr Vermögen verwalten soll. Wird ein Bankkunde nachweislich urteilsunfähig, anerkennen die Finanzinstitute den Vorsorgeauftrag jedoch erst, nachdem er durch die KESB für gültig befunden, mithin validiert, wurde. Kaum eine Institution ist bereit, Anweisungen der vorsorgebeauftragten Person anzunehmen und umzusetzen, solange kein Validierungsbeschluss der KESB vorliegt. Das Validierungsverfahren dauert aufgrund der vorerwähnten Arbeitsüberlastung derzeit mehrere Monate. Die KESB prüft dabei nicht nur, ob der Vorsorgeauftrag rechtsgültig errichtet wurde, sondern auch, ob die beauftragte Person gewillt ist, den Vorsorgeauftrag anzunehmen und zu vollziehen. Während der Wartefrist herrscht erhebliche Rechtsunsicherheit bezüglich der vermögensrechtlichen Verwaltungskompetenz. Zudem ist es in besagter Zeitspanne unter Umständen weder dem Vorsorgeauftraggeber noch seinem Bevollmächtigten möglich, Rechnungen zu begleichen oder andere Bankgeschäfte zu tätigen bzw. tätigen zu lassen. Vor dieser Ausgangslage stellt sich die Frage, welche Vorkehrungen der Bankkunde selbst treffen kann, damit zwischen dem Eintritt bzw. der Feststellung der Urteilsunfähigkeit und der Eröffnung des Validierungsentscheides zumindest die notwendigsten Verfügungsgeschäfte ausgeführt werden können.

Zweierlei Lösungsansätze

Die fragliche Wartefrist kann ohne weiteres mit einer gewöhnlichen Bankvollmacht des Bankkunden überbrückt werden. Der Nachteil dieser Lösung besteht darin, dass die Vollmacht bereits vor Eintritt der Urteilsunfähigkeit gültig sein muss. Die Anordnung, dass die Vollmacht erst und ausschliesslich bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit Gültigkeit erlangen soll, ist unter geltendem Recht unzulässig. Wird die Vollmacht auf ein oder mehrere vorbestehende Konto bzw. Konti des Auftraggebers ausgestellt, so hat der Vorsorgebeauftragte bereits lange vor einem allfälligen Eintritt der Urteilsunfähigkeit weitreichende Befugnisse über das – gegebenenfalls gesamte – Vermögen seines Auftraggebers. Dieser Umstand erfordert seitens des Bankkunden grosses Vertrauen in die beauftragte Person. Möchte der Bankkunde diese weitreichende Verfügungsmacht des Vorsorgebeauftragten und die damit einhergehenden Risiken minimieren, kann er die Vollmacht statt auf ein vorbestehendes Konto auf ein neues, mit Erlass des Vorsorgeauftrages errichtetes Konto ausstellen. Auf dieses Konto kann er alsdann denjenigen Betrag einzahlen, welcher seinem ungefähren Lebensbedarf während des Validierungsprozesses entspricht. Dadurch stellt der urteilsunfähig werdende Bankkunde frühzeitig sicher, dass ihm bis zur Eröffnung des Validierungsentscheides ausreichende Geldmittel zur Verfügung stehen, um seinen Lebensstandard aufrecht zu erhalten bzw. die notwendigen und dringenden Verfügungsgeschäfte tätigen zu lassen. Zugleich verhindert er, dass der Beauftragte noch vor der Validierung des Vorsorgeauftrages über sein – gegebenenfalls ganzes – Vermögen verfügen kann.

Der Vorsorgeauftrag

Mit einem Vorsorgeauftrag kann eine handlungsfähige Person eine andere, ihr nahestehende Person beauftragen, im Falle ihrer Urteilsunfähigkeit – bspw. infolge eines Unfalls, plötzlicher schwerer Erkrankung oder Altersschwäche – die Personenvorsorge (insb. Entscheide betreffend die Pflege) oder die Vermögensvorsorge (Vermögensverwaltung) zu übernehmen oder sie im Rechtsverkehr zu vertreten.

Weitere Artikel