Der grenzüberschreitende E-Commerce befindet sich im Aufbruch. Als Anbieter dürfen Sie sich aber nicht sorglos auf die Wachstumsmöglichkeiten des Online-Handels stürzen. Denn der praktische Online-Verkauf birgt nicht zu unterschätzende Rechtsrisiken. Bieten Sie als Online-Händler Ihre Waren nur innerhalb der Schweiz an, sind die schweizerischen Gerichte zuständig, und es gilt Schweizer Recht. Falls Sie aber Ihren Online-Handel auch auf das Ausland ausrichten, müssen Sie ausländische Rechtsvorschriften berücksichtigen, welche zum Teil stark von den schweizerischen Rechtsvorschriften abweichen.
Internationale Ausrichtung des Online-Handels?
Der Europäische Gerichtshof («EuGH») hat sich bereits mehrmals mit der Frage der internationalen Ausrichtung von Online-Shops befasst. Er stellte namentlich klar, dass ein Unternehmen durch die blosse gewerbliche Nutzung einer Webseite – zum Beispiel die Möglichkeit einer Auslandbestellung – seine Tätigkeit noch nicht auf einen anderen Mitgliedstaat ausrichte. Entscheidend sei vielmehr, ob das Unternehmen offenkundig seinen Willen zum Ausdruck bringe, Geschäftsbeziehungen zu Konsumenten anderer Mitgliedstaaten herzustellen.
Ergibt sich bei entsprechender Prüfung, dass ein Online-Shop (auch) auf ein ausländisches Land ausgerichtet ist, bewirkt dies jedenfalls im B2C-Bereich in der Regel die Zuständigkeit dieser ausländischen Gerichte und die Anwendbarkeit des ausländischen Rechts des Staates dieser Ausrichtung, insbesondere in Bezug auf dessen konsumentenschutzrechtliche Vorschriften.
Anwendbares Recht
Die Frage des anwendbaren Rechts ist von essentieller Bedeutung und kann im Einzelfall zu rechtlichen Problemen führen. Gemäss neuster Rechtsprechung des EuGH sind Klauseln, welche nur das Recht am Sitz des Unternehmens für anwendbar erklären, obwohl eine Ausrichtung auf das Ausland vorliegt, für den ausländischen Konsumenten irreführend und deshalb unwirksam, denn der ausländische Konsument kann sich gemäss EuGH stets auf die zwingenden Vorschriften seines Wohnsitzstaates berufen. Da sich die im Rahmen des E-Commerce relevanten in- und ausländischen Rechtsvorschriften zum Teil stark voneinander unterscheiden, sollten Sie sich als aktiver Marktteilnehmer entsprechend vorsehen.
Wie erwähnt, gibt es gerade im Rahmen des Konsumentenschutzes zahlreiche voneinander abweichende Bestimmungen je nach Land und Rechtsordnung. So gewähren gewisse ausländische Staaten den Kunden im Unterschied zur Schweiz ein Widerrufsrecht auch beim Online-Kauf (vgl. dazu Beitrag zum Widerrufsrecht). Im Weiteren müssen die jeweiligen Preisangabevorschriften eingehalten werden; so muss in der Schweiz und in Deutschland für jede Ware der jeweils geltende Endpreis inklusive aller Steuern angegeben werden. Während es in Deutschland aber genügt, die Preise in derjenigen Währung anzugeben, in der bezahlt werden kann, müssen die Preise in der Schweiz unabhängig davon, in welcher Währung bezahlt wird, stets auch in Schweizer Franken ausgewiesen werden.
Weitere konsumentenschutzrechtliche Besonderheiten bestehen in Bezug auf die Geltung von für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Geschäftsbedingungen (Allgemeine Geschäftsbedingungen, «AGB»). Diese sollten nach dem jeweiligen lokalen Recht wirksam in den Vertragsabschluss einbezogen und nach diesem Recht durchsetzbar sein (vgl. dazu Beitrag zur Einbindung von AGB in das eigene Angebot). Auch müssen Rechtsänderungen stets beachtet werden. So wurde beispielsweise der Katalog unzulässiger AGB-Klauseln in Deutschland per 1. Oktober 2016 dahingehend geändert, dass neu AGB-Klauseln, welche für bestimmte Erklärungen im Zusammenhang mit einem Vertrag die Schriftform verlangen (bspw. Geltendmachung GarantieAnsprüche), unwirksam sind. Wer in seinen AGB diesbezüglich auf die Schriftform verweist, riskiert Abmahnungen. Auch sind die Werbemöglichkeiten mit Gewinnspielen je nach Rechtsordnung unterschiedlich restriktiv geregelt (vgl. dazu Beitrag Kein Roulette bei Online-Wettbewerben). Weiter sollten die lauterkeitsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Landes – insbesondere in Bezug auf die einzelnen Schritte des Bestellvorgangs (vgl. dazu Beitrag zur Button-Lösung) – sowie allfällige Regelungen hinsichtlich Konsumkrediten beachtet werden. Schliesslich sind auch Pflichten bezüglich der korrekten Angabe des Impressums im jeweiligen Land zu berücksichtigen.
Neben konsumentenschutzrechtlichen Fragestellungen dürfen auch die unterschiedlichen Anforderungen der jeweiligen Datenschutzgesetzgeber an die rechtmässige Bearbeitung von Kundendaten nicht ausser Acht gelassen werden. Die Erstellung einer Datenschutzerklärung kann sich im Einzelfall schwierig gestalten (vgl. dazu Beitrag zur Datenschutzerklärung/Privacy Policy). Auch die einzelnen urheberrechtlichen Bestimmungen sind einzuhalten, bspw. wenn Sie Ihre Produkte mit geschützten Bildern bewerben.
Verwenden Sie für Ihren Online-Shop zum Betrieb Ihrer Webseite Cookies, sind die in der Schweiz und in der EU in Bezug auf die Information und Zustimmung zur Nutzung von Cookies geltenden, teils unterschiedlichen Regelungen zu beachten (vgl. dazu Beitrag zu Cookies).
Gemäss EuGH sprechen folgende Kriterien für eine internationale Ausrichtung auf einen anderen Mitgliedstaat:
- Angabe einer fremden Währung;
- Bildung von gesonderten Länder-Shops, zum Beispiel Auswahl durch Setzen von Fähnchen auf der Webseite;
- konkrete Lieferhinweise ins Ausland;
- konkrete Werbung im Ausland;
- Erwähnung von länderspezifischen Versandkosten.
Gemäss EuGH können jedoch auch folgende Anhaltspunkte, die nicht offensichtlich auf der Hand liegen – gegebenenfalls miteinander kombiniert – das Vorliegen einer internationalen Tätigkeit belegen, die auf einen anderen Mitgliedstaat ausgerichtet ist:
- Internationaler Charakter der fraglichen Tätigkeit, wie bestimmte touristische Tätigkeiten;
- Angabe von Telefonnummern mit internationaler Vorwahl;
- länderspezifische Top-Level-Domains;
- ausländische Sprache;
- ausländische Bankverbindung;
- ausländische Anfahrtsbeschreibungen;
- Werbung auf ausländischen Webseiten;
- Erwähnung von internationaler Kundschaft, insbesondere durch die Wiedergabe von Kundenbewertungen.
Internationale Positionierung und Ausblick
Wie aufgezeigt, liegt eine internationale Ausrichtung eines Online-Shops relativ rasch vor. Entsprechend sollten Sie sich als Online-Händler vorab gut überlegen, ob Bestellungen auch international abgewickelt werden sollen und wenn ja, ob sich der internationale Handel eventuell auf bestimmte Länder beschränken lässt. Diesfalls könnten Ländershops für einzelne Länder oder Ländergruppen ins Auge gefasst werden, welche nur den dort ansässigen Kunden über je separate Webseiten zur Verfügung stehen. Als international tätiger Online-Händler müssen Sie sich aber zwingend mit den unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Rechtsordnungen auseinandersetzen und Ihre AGB länderspezifisch ausgestalten. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Unternehmen, die von den hohen Wachstumsraten im Online-Handel profitieren möchten und daher ihre Vertriebswege auf das Internet ausweiten bzw. konzentrieren wollen, die damit verbundenen rechtlichen Risiken vorgängig abklären lassen sollten.
B2B v. B2C
Im klassischen Online-Geschäft zwischen Unternehmen und Konsumenten (B2C) findet demgegenüber meist das Recht am Wohnsitz des Konsumenten Anwendung und es sind die dortigen Gerichte zuständig. Anderslautende Bestimmungen in AGB sind in der Regel unwirksam. Insbesondere sind ausländische Vorschriften in Bezug auf die Preisangabe und die sog. „Button-Lösung“ zu beachten. In der EU muss den Konsumenten ein 14-tägiges Widerrufsrecht gewährt werden. Unterschiedlichen Regeln bestehen auch im Zusammenhang mit der Datenschutzgesetzgebung sowie der Nutzung von Cookies und Werbemöglichkeiten mit Gewinnspielen.
Widerrufsrecht im Online-Handel
Richten Sie Ihren Onlineshop jedoch auch auf Konsumenten in der EU aus (vgl. dazu Beitrag grenzüberschreitender E-Commerce), gelangt auch ausländisches Recht zur Anwendung. Aus diesem Grund können sich Konsumenten, die in einem Mitgliedstaat der EU wohnen, auf ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen im Online-Handel berufen. Über dieses Widerrufsrecht müssen Sie als Schweizer Online-Händler Ihre ausländischen Konsumenten informieren.
Zudem haben Sie als Online-Händler mit der bestellten Ware auch das von der EU entworfene Formular zu versenden; tun Sie dies nicht, wird die Widerrufsfrist um ein Jahr verlängert. Daneben können Sie vom Konsumenten keine Entschädigung für einen Wertverlust der zurückgesendeten Ware fordern.
Der Widerruf muss aber nicht zwingend mittels Formular erfolgen. Erklärt ein Konsument den Widerruf vom Vertrag, so hat er die erhaltene Ware innert 14 Tagen zurückzusenden. Mangels vertraglicher Vereinbarung und Bezifferung der Kosten der Rücksendung sind diese Kosten vom Online-Händler zu tragen. Belegt der Konsumenten mit einer Postquittung, dass er die Ware verschickt hat, sind ihm der Kaufpreis sowie die Lieferkosten innert 14 Tagen zurückzuerstatten.
Muster Widerrrufsformular
Wenn Sie den Vertrag widerrufen wollen, dann füllen Sie bitte dieses Formular aus un senden Sie es zurück
- An (Name, Adresse, Faxnummer, E-Mailadresse)
- Hiermit widerrufe(n) ich/wir den von mir/uns abgeschlossenen Vertrag über den Kauf der folgenden Waren/die Erbringung der folgenden Dienstleistung
- Bestellt am/erhalten am
- Name des/der Konsumenten
- Adresse des/der Konsumenten
- Unterschrift des/der Konsumenten (nur bei Mitteilung auf Papier)
- Datum