Bereits in unserem Alert vom April 2015 wurde die vom Parlament beschlossene Umsetzung der Empfehlungen der Groupe d’action financière (GAFI) im Bereich des Gesellschaftsrechts thematisiert. In der Zwischenzeit hat der Bundesrat beschlossen, diese Änderungen per 1. Juli 2015 in Kraft zu setzen. Die Umsetzung der GAFI-Empfehlungen zeigt aber nicht nur Wirkungen im Bereich des Gesellschaftsrechts. Auch die Straf- und Geldwäschereigesetzgebung erfährt eine Vielzahl von wichtigen Änderungen. Die Hauptanliegen der Revision bilden die Einschränkung von Barzahlungen über CHF 100’000. und die Ausdehnung des Geldwäschereitatbestandes auf gewisse Steuerdelikte. Die revidierten Bestimmungen der Straf- und Geldwäschereigesetzgebung treten per 1. Januar 2016 in Kraft.
Qualifizierte Steuervergehen als neue Vortaten der Geldwäscherei
Der bisherige Gesetzeswortlaut von Art. 305bis Ziff. 1 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) lautet dahingehend, dass der Tatbestand der Gelwäscherei nur Vermögenswerte erfasst, die aus einem Verbrechen als Vortat herrühren. Dies führte von Seiten der GAFI zu Kritik, da die Steuerdelikte in der Schweiz grundsätzlich nur Übertretungen oder Vergehen sind und deshalb nie Vortaten des Geldwäschereitatbestandes sein konnten (die einzige Ausnahme besteht beim sog. Zollschmuggel gemäss Art. 14 Abs. 4 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht [VStrR]).
Angeregt von der GAFI wurde Art. 305bis Ziff. 1 StGB nun so abgeändert, dass künftig nicht nur Verbrechen, sondern auch qualifizierte Steuervergehen als Vortaten durch den Geld-wäschereitatbestand erfasst werden. Das qualifizierte Steuervergehen wird in der neuen Ziff. 1bis der genannten Bestimmung als Steuerbetrug im Sinne von Art. 186 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) und Art. 59 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) definiert. Steuerbetrug bedeutet wiederum die Hinterziehung von Steuern unter Verwendung von gefälschten, verfälschten oder inhaltlich unwahren Urkunden. Bemerkenswert ist, dass dabei pro Steuerperiode ein „Freibetrag“ von CHF 300’000. gilt, in welchem Umfang das qualifizierte Steuervergehen nicht von der Strafbestimmung der Geldwäscherei erfasst wird.
Für den Finanzintermediär und dessen Melderecht bzw.
-pflicht bedeutet dies, dass er bei seiner Vertragspartei inskünftig nicht nur die Verwendung von unechten bzw. unwahren Urkunden zwecks Steuerhinterziehung erkennen, sondern auch die mutmasslich hinterzogenen Steuern berechnen muss. Letzteres setzt die vollständige Kenntnis der Vermögens- und Einkommenssituation des Kunden sowie den Zugriff auf dessen Steuerunterlagen voraus.
Nicht nur die Strafbestimmung über die Geldwäscherei erfährt eine Änderung, sondern auch der Tatbestand der Mangelnden Sorgfalt bei Finanzgeschäften gemäss Art. 305ter StGB. Dabei wird jedoch nicht die Strafnorm an sich abgeändert, sondern lediglich das in Abs. 2 verankerte Melderecht des Finanzintermediärs an die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS). Gleich wie der Geldwäschereitatbestand wird das Melderecht um die qualifizierten Steuervergehen erweitert.
Neue „Sorgfaltspflichten“ für Finanzintermediäre
Neben den Neuerungen in strafrechtlicher Hinsicht erfolgen auch diverse Änderungen im Geldwäschereigesetz (GwG). Hervorzuheben ist die Erweiterung der Sorgfaltspflichten der Finanzintermediäre, also von Personen, die berufsmässig mit fremden Vermögenswerten arbeiten. So wurde zunächst die grundlegende Pflicht zur Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Person gemäss Art. 4 GwG revidiert. Neu muss diese nicht nur bei Zweifeln, sondern immer festgestellt werden, wie dies schon bisher in der Praxis üblich war (eine Ausnahme gilt bei börsenkotierten Gesellschaften). Mit der Änderung von Art. 4 GwG werden die GAFI-Vorgaben nun über die Praxis hinaus auch in formeller Hinsicht erfüllt.
Weiter wurden die „besonderen Sorgfaltspflichten“ der Finanzintermediäre in Art. 6 GwG erweitert. Einerseits ist bei der Pflicht zur Identifikation der Art und des Zwecks der Geschäftsbeziehung das Risiko, welches die Vertragspartei darstellt, nicht mehr nur im Hinblick auf den Umfang der einzuholenden Informationen von Bedeutung, sondern neu auch hinsichtlich der Hierarchiestufe, auf welcher der Entscheid über die Geschäftsbeziehung getroffen werden muss, sowie hinsichtlich der Periodizität von Kontrollen. Andererseits wurden in der genannten Bestimmung weitere Sachverhalte verankert, bei deren Vorliegen der Finanzintermediär die Hintergründe und den Zweck einer Transaktion oder einer Geschäftsbeziehung abklären muss. Besonders erwähnenswert sind dabei die neu geltenden Pflichten zur Abklärung, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass Vermögenswerte aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren oder wenn die Transaktion oder die Geschäftsbeziehung mit einem erhöhten Risiko behaftet ist, wie beispielsweise eine Geschäftsbeziehung mit einer ausländischen, politisch exponierten Person.
Entsprechend der Erweiterung der Sorgfaltspflichten wurden schliesslich auch die Meldepflichten der Finanzintermediäre in Art. 9 GwG angepasst. Ein Finanzintermediär muss künftig auch dann Meldung an die MROS machen, wenn er von einem Steuerbetrug weiss oder diesbezüglich einen begründeten Verdacht hat. Eine solche Meldung führt neu nicht mehr in jedem Fall zur Sperrung der involvierten Vermögenswerte. Grundsätzlich erfolgt die Vermögenssperre erst dann, wenn die Meldestelle nach Prüfung der Meldung dem Finanzintermediär innert 20 Arbeitstagen mitteilt, dass sie die Meldung an eine Strafverfolgungsbehörde weiterleitet.
Anwendbarkeit des Geldwäschereigesetzes neu auch auf Händler
Neu dem GwG unterstellt sind nicht mehr nur die Finanzintermediäre, sondern auch sogenannte Händler, das heisst natürliche oder juristische Personen, die gewerblich mit Gütern handeln und dabei Bargeld entgegennehmen (Art. 2 Abs. 1 lit. b GwG).
Das Ziel der Ausweitung des Anwendungsbereichs des GwG ist es, Barzahlungen von über CHF 100‘000.– bei Kaufgeschäften einzuschränken bzw. dem GwG zu unterstellen. Begründet wird dies damit, dass „im Wirtschaftsleben heutzutage Bargeldzahlungen grösseren Umfangs unüblich sind und aus Sicht der Geldwäscherei als verdächtig erscheinen müssen.“ Das führt nun dazu, dass Händler ihre Handelsgeschäfte mit Barzahlungen von insgesamt über CHF 100‘000.– entweder nur noch über Finanzintermediäre abwickeln dürfen (Art. 8a Abs. 4 GwG). Oder sie müssen Sorgfaltspflichten einhalten, welche jenen von Finanzintermediären sehr ähnlich sind, namentlich die Pflicht zur Identifizierung der Vertragspartei und zur Feststellung der wirtschaftlich berechtigen Person sowie die Dokumentationspflicht (Art. 8a Abs. 1 GwG). Darüber hinaus müssen Händler die Hintergründe und den Zweck eines Geschäfts abklären, wenn dieses ungewöhnlich erscheint oder wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Vermögenswerte aus einem Verbrechen, einem qualifizierten Steuervergehen oder einer kriminellen Organisation herrühren (Art. 8a Abs. 2 GwG).
Schliesslich gelten nun auch für Händler nahezu die gleichen Meldepflichten, wie sie für Finanzintermediäre gelten (Art. 9 Abs. 1bis GwG). Kommt ein Händler, der den Sorgfaltspflichten von Art. 8a GwG unterliegt, seiner Meldepflicht nicht nach, muss seine Revisionsstelle unverzüglich eine Meldung an die MROS machen (Art. 15 Abs. 5 GwG).
Mit den bevorstehenden Gesetzesänderungen stellen sich sowohl für Finanzintermediäre als auch im Bereich des Handelsverkehrs neue Herausforderungen. Gerne beraten wir Sie bei der Beachtung der revidierten Straf- und Geldwäschereibestimmungen.