Der Bundesrat hat am 2. März 2012 die Botschaft zur Teilrevision des Bundesgesetzes über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG) verabschiedet. Die Vorlage soll noch in diesem Jahr im Parlament beraten werden und anfangs 2013 in Kraft treten. Die Revision wird erhebliche Auswirkungen auf schweizerische Vermögens­verwalter und den Vertrieb kollektiver Kapitalanlagen in und von der Schweiz aus haben.

Das Wichtigste für die schweizerischen Vermögens­verwalter vorweg:

  • Vermögensverwalter in- und ausländischer kollektiver Kapitalanlagen benötigen eine Bewilligung der FINMA.
  • Bestehende Vermögensverwalter ausländischer kollektiver Kapitalanlagen müssen sich innert sechs Monaten seit Inkrafttreten der Revision bei der FINMA melden und innert zwei Jahren ein bewilligungsfähiges Gesuch eingereicht haben.
  • Vermögensverwalter dürfen weiterhin für Kunden unter einem schriftlichen Vermögensverwaltungsvertrag, der den Mindeststandards der FINMA/SRO entspricht, auch solche ausländische kollektive Kapitalanlagen erwerben, die in der Schweiz nicht zum Vertrieb zugelassen sind, keinen genehmigten Prospekt besitzen und für die kein Vertreter bestellt ist.
  • Den Anlegern müssen sämtliche direkt und indirekt belasteten Gebühren und Kosten kollektiver Kapitalanlagen vollständig offengelegt werden. Dies betrifft auch Entschädigungen für den Vertrieb in Form von Provisionen, Courtagen und anderen geldwerten Vorteilen (Transparenzpflicht statt
  • Annahmeverbot).
  • Die Qualifikation des Anlegers als „qualifiziert“ spielt (fast) nur noch eine Rolle bei der Frage, ob die massgebende Dokumentation einer ausländischen kollektiven Kapitalanlage von der FINMA zu bewilligen ist. Vermögende Privatpersonen gelten nicht mehr automatisch als „qualifiziert“,
  • werden jedoch unter gewissen Voraussetzungen ein Opting-in haben.

Zentraler Anknüpfungspunkt: „Vertrieb“

Die Erfassung ausländischer kollektiver Kapitalanlagen durch das KAG knüpft neu an deren „Vertrieb“ in oder von der Schweiz aus an und nicht mehr an „öffentliche Werbung“. Vertrieb ist jedes Anbieten zum Erwerb („Push“), unabhängig von Werbung oder öffentlichem/privatem Anbieten. Werbung in der Schweiz gilt per se als Vertrieb. Nicht als Vertrieb gilt ein Erwerb ausschliesslich auf Eigeninitiative eines Anlegers („Pull“) oder durch einen Vermögensverwalter, der den Verhaltensregeln einer FINMA-anerkannten Branchenorganisation untersteht und wenn ein Vermögensverwaltungsvertrag besteht, der den FINMA-anerkannten Mindeststandards entspricht. Das Anbieten an vermögende Privatpersonen stellt keinen Ausnahmetatbestand mehr dar und gilt ebenfalls als Vertrieb. Sie gelten nicht mehr als qualifizierte Anleger, haben aber unter gewissen Voraussetzungen, die noch in einer Verordnung geregelt werden sollen, die Möglichkeit zu einem Opting-in.

FINMA-Bewilligung als Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen

Wer in- oder ausländische kollektive Kapitalanlagen in oder von der Schweiz aus verwaltet oder vertreibt, braucht eine Bewilligung der FINMA. Namentlich gilt dies für schweizerische Vermögensverwalter, die für in- oder ausländische kollektive Kapitalanlagen die Vermögensverwaltung ausüben.

FINMA-Bewilligung für Vertriebsträger ausländischer kollektiver Kapitalanlagen

Neu bedürfen sämtliche Personen, die ausländische kollektive Kapitalanlagen in oder von der Schweiz aus vertreiben, einer Bewilligung als Vertriebsträger. Auch der Vertrieb an ausschliesslich qualifizierte Anleger setzt eine Bewilligung voraus. Von dieser Bewilligungspflicht ausgenommen ist einzig der Vertrieb von Anteilen einer kollektiven Kapitalanlage, die ausschliesslich beaufsichtigten Finanzintermediären oder beaufsichtigten Versicherungseinrichtungen offen stehen. Da der Erwerb durch Vermögensverwalter für seine Kunden, die einen anerkannten schriftlichen Vermögensverwaltungsvertrag abgeschlossen haben, nicht als „Vertrieb“ gilt, sollte diese „Vertriebsform“ als vom Ausnahmekatalog miteingeschlossen gelten. Der Wortlaut der Vorlage scheint aber nur den Erwerb durch Vermögensverwalter und nicht das Angebot an Vermögens­verwalter zu erfassen, so dass hier noch eine Unklarheit besteht.

Transparenzvorschriften

Bewilligungsträger und ihre Beauftragten müssen den
Anlegern sämtliche diesen direkt oder indirekt belasteten Gebühren und Kosten offen legen. „Über Entschädigungen für den Vertrieb kollektiver Kapitalanlagen in Form von Provisionen, Courtagen und anderen geldwerten Vorteilen informieren sie die Anlegerinnen und Anleger vollständig, wahrheitsgetreu und verständlich.“ (Art. 20 Abs. 1 lit. cE-KAG). Dies entspricht der neuen Regelung im revidierten Versicherungsvertragsgesetz (VVG) für Versicherungsbroker. Da das KAG strukturierte Produkte (mit Ausnahme von Art. 5 KAG) nicht erfasst, dürfte diese Regelung für strukturierte Produkte angesichts des Wortlauts des Entwurfs nicht gelten. Der klassische Vermögensverwalter ist zwar normalerweise weder Bewilligungsträger noch Beauftragter, doch ist angesichts der neuesten Rechtsprechung (Urteil Obergericht des Kantons Zürich vom 13.1.2012) davon auszugehen, dass Vertriebsentschädigungen und Bestandespflegekommissionen als Retrozessionen gelten, die offen gelegt werden müssen, wenn der Kunde gültig darauf verzichten soll.

Ausblick: FINMA-Positionspapier Vertriebsregeln vom 24. Februar 2012

Von Interesse für die Vermögensverwalter dürfte das neuste Positionspapier der FINMA sein. Es stellt für die schweizerischen Vermögensverwalter folgende wichtigen regulatorischen Änderungen in Aussicht:

  • Schaffung eines Finanzdienstleistungsgesetzes zur Gewährleistung einer sektorübergreifenden und lückenlosen Geltung der Verhaltens- und Produktvorschriften am Point of Sale.
  • Bewilligungspflicht und Aufsicht aller Vermögensverwalter durch die FINMA durch Revision des Börsengesetzes.
  • Prospektpflicht und kurze Produktbeschreibung für alle standardisierten Finanzprodukte einschliesslich strukturierter Produkte.
  • Vermögensverwalter sollen sich nur noch als unabhängig bezeichnen dürfen, wenn sie keine Entschädigungen und Kommissionen („Anreize“) Dritter entgegennehmen.