Nach knapp vier Jahre dauernden Diskussionen haben National- und Ständerat in der Sommersession nun den definitiven Gesetzestext für ein revidiertes Marken-schutzgesetz (MSchG) und Wappenschutzgesetz (WSchG) verabschiedet. Die Revision bezweckt die
Stärkung des Schutzes der Herkunftsbezeichnung “Schweiz” und der Verwendung des Schweizerkreuzes im Inland; zudem soll sie die Rechtsdurchsetzung im Ausland erleichtern. Ein Referendum ist unwahrscheinlich, allerdings werden vor Inkraftsetzung durch den Bundesrat die diversen Verordnungen ausgearbeitet und den beiden Rechtskommissionen des Parlaments vorgelegt. Somit dürften die Änderungen wohl nicht vor dem 1. Januar 2015 in Kraft treten.

Geltendes Recht

Nach geltendem Recht ist der Gebrauch von sog. Herkunfts-angaben wie bspw. “Schweiz”, “Swiss”, “Schweizer Qualität” oder “Made in Switzerland” im Zusammenhang mit Produkten unter folgenden Voraussetzungen zulässig: Entweder muss der schweizerische Wertanteil an den Herstellungskosten (Material-, Fabrikations- und Lohnkosten; für gewöhnlich nicht aber Forschungs- und Entwicklungs- [F&E] sowie Marketingkosten, ausser bspw. bei Kosmetikprodukten) mindestens 50% betragen (sog. “St. Galler Praxis”) oder der Herstellungsort des Produktes muss in der Schweiz liegen. Andererseits ist das Anbringen des Schweizerkreuzes auf (auch schweizerischen) Produkten unter dem geltenden WSchG grundsätzlich unzulässig, sofern nicht ein rein dekorativer Gebrauch vorliegt. Allerdings wird dies heute in der Praxis vielfach nicht beachtet und Verletzungen werden nur in seltenen Fällen geahndet.

Neue Herkunftsregeln nach MSchG

Das Herzstück der Revision bilden nun u.a. präzise Regeln im MSchG, welche je nach Produktkategorie oder für Dienstleis-tungen festhalten, unter welchen Voraussetzungen diese den “Schweizer Pass” erhalten. Die Voraussetzungen müssen auch dann erfüllt sein, wenn eine Angabe nicht als Marke registriert ist und zusammen mit unbestimmten Ausdrücken, z.B. “nach Schweizer Art”, “Zürcher Stil”, “Schweizer Qualität” oder “nach Genfer Rezept”, gebraucht wird.

Naturprodukte

Für Naturprodukte bestimmt sich die Herkunft künftig auf-grund eines einzigen Kriteriums, das je nach der Art des Pro-dukts variiert (Art. 48a revMSchG): Bei mineralischen Er-zeugnissen (z.B. Mineralwasser) wird auf den Ort der Gewin-nung abgestellt, bei pflanzlichen Erzeugnissen (z.B. Apfel) auf den Ort der Ernte, bei Fleisch auf den Ort, an dem die Tiere den überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht haben, bei anderen aus Tieren gewonnenen Erzeugnissen (z.B. Eiern) muss das Tier in der Schweiz gehalten worden sein, bei Jagdbeute und Fischfängen wird auf den Ort der Jagd oder des Fischfangs abgestellt. Bei Milch und Milchprodukten muss die Milch zu 100% aus der Schweiz stammen.

Verarbeitete Naturprodukte

Ein verarbeitetes Naturprodukt liegt vor, wenn ein Produkt durch seine Verarbeitung neue wesentliche Eigenschaften erhält (z.B. Fruchtsaft, Konfitüre, Schinken).

Bei verarbeiteten Naturprodukten müssen zwei Vorausset-zungen erfüllt sein:

1. 80% des Gewichts der Rohstoffe müssen aus der Schweiz stammen (Art. 48b revMSchG). Für Rohstoffe, welche es in der Schweiz nicht in genügender Menge gibt, gelten Ausnah-men, die allerding restriktiv zu interpretieren sind. Fälle, bei denen schlechte Wetterbedingungen zur kompletten oder teilweisen Zerstörung der Ernte führen, reichen aus, nicht aber rein wirtschaftliche Gründe oder normale saisonale Schwankungen. Der Hersteller eines Joghurts kann bspw. ein Naturprodukt wie Ananas von der Berechnung der 80% aus-schliessen. Nicht ausschliessen darf er hingegen die Milch, nur weil er diese im Ausland günstiger oder in einer ihm geneh-meren Qualität erhielte. Auch Kakao kann bspw. von der Berechnung der 80% ausgeschlossen werden.

2. Die Tätigkeit, durch welche das Produkt seine wesentlichen Eigenschaften erhält, muss in der Schweiz stattfinden. Es handelt sich hier vorwiegend um die Fabrikation im eigentlichen Sinne, wie z.B. die Verarbeitung von Milch zu Käse.

Industrieprodukte

Die Anforderungen an “Schweizer” Industrieprodukte sind in Art. 48c revMSchG geregelt. Diese Kategorie umfasst alle Produkte, die nicht unter die ersten beiden vorgenannten Kategorien fallen. Ein Industrieprodukt gilt demnach als “Schweizerisch”, wenn: 1. 60% der Herstellungskosten des Produkts in der Schweiz angefallen sind, wobei zu den Her-stellungskosten künftig auch die Kosten für F&E gezählt werden können (nicht aber u.a. Verpackungs- und Transport- und Marketingkosten); 2. die Tätigkeit, mit der die wesentlichen Eigenschaften des Produkts festgelegt werden, in der Schweiz stattgefunden hat; und 3. ein wesentlicher Fabrikationsschritt in der Schweiz stattgefunden hat (wobei dieses dritte Kriterium automatisch erfüllt ist, wenn die Tätigkeit, mit der die wesentlichen Eigenschaften des Produkts festgelegt werden, dem wesentlichen Fabrikationsschritt entspricht; so also bspw. die Fabrikation eines Messers oder das Zusammensetzen mechanischer Uhren).

Bei einem industriellen Produkt, dessen wesentliche Eigen-schaften vor allem durch F&E festgelegt werden, wie bspw. bei Kosmetikprodukten, muss die zusätzliche Voraussetzung des wesentlichen Fabrikationsschrittes in der Schweiz stattfinden. Nicht ausreichend wären bspw. die Wahl, Festlegung oder Kontrolle von Qualitätsstandards oder Marketing-aufwendungen.

Dienstleistungen

Ein Unternehmen kann seine Dienstleistungen als Schweizer Dienstleistungen anpreisen, wenn es seinen Sitz in der Schweiz hat und sich zudem das Zentrum der tatsächlichen Verwaltung in der Schweiz befindet.

Neue Wappenschutzgesetzgebung

Die Verwendung des Schweizerkreuzes wird mit dem revi-dierten WSchG neu geregelt. Namentlich darf das Wappen der Eidgenossenschaft (d.h. das Schweizerkreuz in einem Wappenschild) grundsätzlich nur von dieser selbst oder von ihren Einheiten verwendet werden. Die Schweizerfahne und das Schweizerkreuz hingegen dürfen neu künftig von jedermann (nicht nur zu Werbezwecken) verwendet werden, der die Voraussetzungen zur Verwendung der Bezeichnung “Schweiz” erfüllt. Dies gilt neu nicht nur für Dienstleistungen, sondern auch für das Anbringen auf Produkten (z.B. Verpackung).

IGE als Zivilklägerin

Nebst anderen Neuerungen bezüglich Durchsetzung und Sanktionen ist erwähnenswert, dass das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) fortan berechtigt sein wird, in der Schweiz gegen die missbräuchliche Verwendung der
Bezeichnung “Schweiz” und des Schweizerkreuzes Zivilklage einzureichen. Strafrechtlich werden neu alle Widerhandlungen (und nicht mehr nur die gewerbsmässigen) von Amtes wegen verfolgt; das IGE kann am Verfahren teilnehmen und die Rechte einer Privatklägerschaft ausüben.

Gerne stehen Ihnen Blum&Grob Rechtsanwälte AG für weitere Auskünfte zur Verfügung.