Im Zweifel entscheidet sich das Bundesgericht für die bewilligungspflichtige Kollektivanlage.

1. Sachverhalt

Dem Bundesgerichtsentscheid 2C_571/2009 ging eine Verfügung der Eidgenössischen Bankenkommission voraus, worin die Auflösung einer Kollektivgesellschaft (die „A-Gesellschaft“) angeordnet wurde, weil sie über keine Bewilligung als SICAV gemäss Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen (“KAG“) verfügte, obwohl sie nach der Behörde als solche zu qualifizieren war. Die A-Gesellschaft focht die Verfügung mit der Begründung an, sie sei keine SICAV, sondern eine nicht dem KAG unterstellte operative Gesellschaft und erhielt vor Bundesverwaltungsgericht recht. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA hat diesen Entscheid an das Schweizer Bundesgericht weiter gezogen. Dem Bundesgericht stellte sich somit die Frage, ob es sich bei der A-Gesellschaft um eine bewilligungspflichtige kollektive Kapitalanlage oder aber um eine vom KAG ausgenommene operative Gesellschaft, die eine unternehmerische Tätigkeit ausübt, handelt.

2. Entscheid

Das Bundesgericht hielt zunächst fest, dass sich aus den gesetzlichen Definitionen der kollektiven Kapitalanlage und der operativen Gesellschaft keine schlüssigen Unterscheidungskriterien ergeben würden und führte unter Berufung auf die Doktrin an, dass mitunter die Erzielung von Wertschöpfung mittels einer über die blosse Verwaltung hinaus gehenden Eigenleistung sowie Mitbestimmungsmöglichkeiten der Anleger betr. Anlagepolitik und Anlageentscheide für eine operative Gesellschaft sprechen würden. Sodann sei bei der Unterscheidung auf den statutarischen Zweck, die Herkunft der Mittel, den Organisationsgrad und die Organisationsform der betroffenen Unternehmung sowie die Art des Risikos (Markt- oder Investitionsrisiko) und den Marktauftritt abzustellen. Auch die subjektive Auffassung der Anleger über den Verwendungszweck ihrer Vermögenswerte und die Anzahl der Investoren seien als Hilfskriterien beizuziehen, da es bei den Regelungen des KAG auch um Markttransparenz und Anlegerschutz gehe.

Aufgrund einer Gesamtbetrachtung kam das Bundesgericht zur Auffassung, dass die A-Gesellschaft als kollektive Kapitalanlage zu qualifizieren sei. Zum einen sei es ursprünglich das Ziel ihrer Promotoren gewesen sei, körperschaftlich organisierte Kollektivanlagen anzubieten, ohne unter das frühere (im Jahr 2007 durch das KAG abgelöste) Anlagefondsgesetz oder das Bankengesetz zu fallen. Weiter sei es den Gesellschaftern zwar möglich gewesen, über die Gesellschafterversammlung auf die Geschäftsführung und die Verwendung der Gelder Einfluss zu nehmen, doch habe das “System als Ganzes” im Resultat zu einer Fremdverwaltung der Vermögenswerte geführt, was für eine kollektive Kapitalanlage spreche. Sodann würden die verhältnismässig grosse Zahl ihrer Anleger (320 Personen) und die in den Statuten der A-Gesellschaft von Anfang an vorgesehene Auflösung zwecks Ausschüttung des Liquidationsbetreffnisses auf eine Kollektivanlage hindeuten. Weiter stellte das Bundesgericht fest, dass die eigentliche operative Tätigkeit der Gesellschaft, nämlich der Betrieb des Hotels Schweizerhof in Zermatt an die Seiler Hotels Zermatt AG ausgelagert gewesen sei, die auch den Hoteldirektor gestellt habe. Der Zweck der Gesellschaft habe folglich darin bestanden, die Gebäude bzw. die für den Hotelbetrieb nötige Infrastruktur zu finanzieren und hierfür abgegolten zu werden. Dies alles spreche für eine kollektive Kapitalanlage und gegen eine operative Gesellschaft.

3. Kurzbeurteilung

Der Entscheid zeigt die Schwierigkeiten auf, die bei der Abgrenzung einer Kollektivanlage von einer operativen Gesellschaft auftreten. Das Urteil des Bundesgerichts vermag diesbezüglich keine klare Grenzlinie zu ziehen und trägt daher nur unwesentlich zur Behebung der hier bestehenden Rechtsunsicherheit bei. Insofern aber setzt es – auch für die einem breiteren Anlegerkreis geöffneten, nicht börsenkotierten Holdinggesellschaften, die sich nicht dem KAG unterstellt haben – ein deutliches Zeichen, nämlich das im Zweifelsfall nicht von einer nicht bewilligungspflichtigen operativen Gesellschaft (oder eben Holding), sondern von einer Kollektivanlage auszugehen sei.

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