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Handlungsbedarf bei der Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)
Mit der Revision des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) werden per 1. Juli 2012 die Vorschriften für allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) angepasst. Bezweckt wird damit, ein griffigeres Instrumentarium gegen missbräuchliche AGB zu schaffen. Betroffen sind nicht nur AGB, die ab dem 1. Juli 2012 neu eingesetzt werden, sondern auch bestehende AGB, die nach dem 1. Juli 2012 (noch) in Kraft sind. Unternehmen, welche im Umgang mit Konsumenten AGB einsetzen, sind gut beraten, diese zu überprüfen.
Nach bisherigem Recht sind einseitig zulasten der Gegen-partei verfasste AGB nur dann unlauter, wenn sie „in irreführender Weise“ von der gesetzlichen Ordnung erheblich abweichen oder eine der Vertragsnatur erheblich widersprechende Verteilung von Rechten und Pflichten vor-sehen (Art. 8 UWG). Dem konnte der Anbieter durch Hervorhebung der fraglichen Klausel meist rechtsgenüglich entgegenwirken, so dass der bisherige Art. 8 UWG kein effizientes Instrument zur Überprüfung und Korrektur von AGB darstellte. Die Bestimmung war bis anhin sozusagen ein toter Buchstabe im Gesetz.
Unter anderem durch Streichung des Tatbestandsmerkmals der Irreführung soll nun der Weg für eine offene Inhalts-kontrolle geebnet werden. Der neue Art. 8 revUWG lautet wie folgt:
Unlauter handelt insbesondere, wer allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, die in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten vorsehen.
Neu werden von Art. 8 revUWG nur noch AGB erfasst, die zum Nachteil von Konsumenten verwendet werden (d.h. diese Norm ist bspw. beim Kauf von Luxusgegenständen oder auf Verträge zwischen Unternehmen nicht anwendbar), was in der Rechtslehre bereits auf Kritik gestossen ist.
Der Wortlaut bringt viele neue Auslegungsfragen mit sich. Einen Beispielkatalog, welche Klauseln im Lichte von Art. 8 revUWG unlauter sind, hat der Schweizer Gesetzgeber – im Gegensatz zum EU-Gesetzgeber – nicht erstellt. Immerhin hat Bundesrat Schneider-Ammann im Parlament einige Beispiele von Klauseln geliefert, welche er als unlauter qualifiziert. Es wird letztlich an der Gerichtspraxis liegen, solche Fälle herauszukristallisieren. Die Gerichte dürften sich wohl nicht nur an den Beispielen von Bundesrat Schneider-Ammann orientieren, sondern auch an der „grauen Liste“ mit unlauteren Beispielsklauseln des EU-Gesetzgebers (Anhang zur RL 93/13/EWG des Rates). Nachfolgend seien daher einige Beispiele erwähnt, welche laut Bundesrat Schneider-Ammann und dem EU-Klauselkatalog unlauter sein dürften:
Bundesrat Schneider-Ammann
- Das Recht des AGB-Verfassers, die AGB jederzeit einseitig abzuändern.
- Erhebung von Zinsen auf dem Gesamtbetrag, auch wenn schon ein Teilbetrag bezahlt wurde.
- Automatische Verlängerung befristet geschlossener Abonnementsverträge.
- Automatische und stillschweigende Verlängerung einer kostenpflichtigen Garantie.
- Wegbedingung der Haftung auch bei schwerem Verschulden.
Anhang zur EU-Richtlinie (Auszug, nicht abschliessend)
- Ausschluss oder Einschränkung der Haftung, wenn der Verbraucher aufgrund einer Handlung oder Unterlassung des Anbieters sein Leben verliert oder einen Körperschaden erleidet. Eingehen einer verbindlichen Verpflichtung des Verbrauchers, während der Anbieter die Erbringung der Leistungen an eine Bedingung knüpft, deren Eintritt nur von ihm abhängt.
- Dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, wird ein unverhältnismässig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt.
- Dem Anbieter wird gestattet, nach freiem Ermessen den Vertrag zu kündigen, während das gleiche Recht nicht auch dem Verbraucher eingeräumt wird, und dem Anbieter wird für den Fall, dass er selbst den Vertrag kündigt, gestattet, die Beträge einzubehalten, die für von ihm noch nicht erbrachte Leistungen gezahlt wurden.
- Der Anbieter kann die Merkmale des zu liefernden Erzeugnisses oder der zu erbringenden Dienstleistung einseitig ohne triftigen Grund ändern.
- Der Verbraucher muss allen seinen Verpflichtungen nachkommen, obwohl der Anbieter seine Verpflichtungen nicht erfüllt.
- Dem Verbraucher wird die Möglichkeit, Rechtsbehelfe bei Gericht einzulegen oder Beschwerdemittel zu ergreifen, genommen oder erschwert, z.B. durch Einschränkung der Beweismittel oder Auferlegung der Beweislast, die nach geltendem Recht einer anderen Vertragspartei obläge.
Werden solche Klauseln als unlauter qualifiziert, dürften sie nach herrschender Auffassung nichtig sein. Dies gilt im Übrigen nicht nur für ab dem 1. Juli 2012 neu abzuschliessende AGB, sondern auch für bestehende AGB, die nach dem 1. Juli 2012 (noch) in Kraft sind (ob befristet oder nicht).
Weiterhin sollen (unter anderem) auch Konsumentenschutz-organisationen ein Klagerecht haben.
Entsprechend ist es für Unternehmen, welche bei Vertragsschlüssen mit Konsumenten AGB einsetzen, empfehlenswert, ihre AGB einer Überprüfung im obigen Sinne zu unterziehen.