Banken dürfen Verträge, welche ausländischem Recht unterstehen oder einen ausländischen Gerichtsstand vorsehen, nach einer am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Neuerung nur noch dann abschliessen, wenn die Gegenparteien ihr Einverständnis dazu erklären, einen von der FINMA angeordneten Aufschub der Beendigung dieser Verträge gegen sich gelten zu lassen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass viele Banken Mühe damit bekunden, diese Änderung fristgemäss umzusetzen. Aus diesem Grund hat sich die FINMA in der Aufsichtsmitteilung 01/2018 bereit erklärt, allen betroffenen Banken eine Fristerstreckung zu gewähren, sofern sie gewisse Vorgaben erfüllen.
1. Ausgangslage
Die Finanzkrise ab dem Jahr 2007 hat gezeigt, dass es für die erfolgreiche Durchführung von Bankensanierungsverfahren von Bedeutung sein kann, dass der Aufsichtsbehörde die Möglichkeit zukommt, die Beendigung von Verträgen zwischen Banken und ihren Gegenparteien für eine gewisse Zeit aufzuschieben. In Verträgen zwischen Banken und ihren Gegenparteien wird bisweilen vorgesehen, dass diese Verträge im Fall der Anordnung von behördlichen Sanierungs- und Insolvenzmassnahmen automatisch beendet werden oder den Parteien zumindest ein Beendigungsrecht zukommt. Wenn die FINMA im Vorfeld einer drohenden Bankeninsolvenz Schutz- oder Sanierungsmassnahmen anordnet, kann dies somit zur Folge haben, dass Verträge zwischen Banken und ihren Gegenparteien aufgehoben werden, was die erfolgreiche Sanierung einer Gefahr aussetzt. Aus diesem Grund setzte der schweizerische Gesetzgeber am 1. Januar 2016 einen neuen Art. 30a BankG in Kraft, welcher es der FINMA erlaubt, gemeinsam mit der Anordnung oder Genehmigung von Insolvenzmassnahmen auch die Beendigung von Verträgen für bis zu zwei Arbeitstage aufzuschieben (sog. Stay-Regulierung). Durch diesen Aufschub soll die unterbruchsfreie Fortführung von für den Betrieb einer Bank essentiellen Vertragsverhältnissen auch im Sanierungsfall sichergestellt werden. Art. 30a BankG gilt im Übrigen nicht nur für Banken, sondern sinngemäss auch für Effektenhändler und Finanzmarktinfrastrukturen.
Verträge, welche Schweizer Banken mit ausländischen Gegenparteien abschliessen, sind häufig ausländischem Recht unterstellt und sehen einen ausländischen Gerichtsstand vor. Damit besteht das Risiko, dass ausländische Gegenparteien die Auffassung vertreten, dass sie von einem Aufschub der FINMA Recht nicht betroffen sind, weil auf den Vertrag nicht schweizerisches Recht Anwendung findet. Ein möglicher Streit um diese Frage müsste in der Folge durch ein ausländisches Gericht entschieden werden. Vor diesem Hintergrund schreibt der ebenfalls am 1. Januar 2016 in Kraft getretene Art. 12 Abs. 2bis BankV vor, dass eine Bank neue Verträge oder Änderungen an bestehenden Verträgen, die ausländischem Recht unterstehen oder einen ausländischen Gerichtsstand vorsehen, nur vereinbaren darf, wenn die Gegenpartei einem von der FINMA angeordneten Aufschub nach Art. 30a BankG im Rahmen einer sog. Anerkennungsklausel bereits im Voraus vertraglich zustimmt.
2. Betroffene Verträge
Aus Art. 12 Abs. 2bis BankV geht nicht hervor, ob die Pflicht zur Vereinbarung von Anerkennungsklauseln sich auf sämtliche Verträge erstreckt, welche eine Schweizer Bank neu abschliessen bzw. ändern will. Die Bestimmung spricht in allgemeiner Weise von “Verträgen, die ausländischem Recht unterstehen oder einen ausländischen Gerichtsstand vorsehen“. Um in dieser Hinsicht Rechtssicherheit zu schaffen, hat die FINMA die Frage, für welche Verträge Anerkennungsklausel zu vereinbaren sind, in Art. 56 BIV-FINMA konkretisiert.
Die FINMA ging bei dieser Konkretisierung davon aus, dass die Pflicht zur Vereinbarung von Anerkennungsklauseln auf Verträge begrenzt sein soll, deren Fortbestand für die zu sanierende Bank wesentlich ist. Weiter will die FINMA nur Verträge erfassen, welche für Transaktionen auf dem Finanzmarkt gebräuchlich sind. In Anwendung dieser allgemeinen Regeln hat die FINMA in Art. 56 Abs. 1 BIV-FINMA eine Liste von Verträgen erstellt, für welche Anerkennungsklauseln vereinbart werden müssen. Umgekehrt enthält Art. 56 Abs. 2 BIV-FINMA eine Liste mit Verträgen, für welche keine Pflicht zur Vereinbarung von Anerkennungsklauseln besteht.
Dass für die in Art. 56 Abs. 2 BIV-FINMA aufgeführten Verträge keine Anerkennungsklauseln vereinbart werden müssen, bedeutet nun allerdings nicht, dass die FINMA in Bezug auf solche Verträge keinen Aufschub der Beendigung anordnen kann. Art. 30a BankG gilt nach dem klaren Willen des Gesetzgebers nämlich für jegliche Art von Verträgen. Die FINMA nimmt durch die Aufzählung von Verträgen, für welche keine Anerkennungsklauseln vereinbart werden müssen, aber in Kauf, dass es bei einem Aufschub in Bezug auf solche Verträgen zu Durchsetzungsproblemen kommen kann, wenn sie ausländischem Recht unterstehen oder einen ausländischen Gerichtsstand vorsehen.
3. Anpassung der Umsetzungsfrist
Art. 61a BIV-FINMA sieht vor, dass Verträge, welche Schweizer Banken mit anderen Banken oder Effektenhändlern abschliessen bzw. ändern, spätestens ab dem 1. April 2018 eine Anerkennungsklausel enthalten müssen. Für Verträge mit anderen Gegenparteien gilt eine Frist bis am 1. Oktober 2018. In der Praxis hat sich nun aber gezeigt, dass sich die Umsetzung der Pflicht zum Abschluss von Anerkennungsklauseln als viel zeitintensiver erweist wie zunächst angenommen und viele Banken Mühe bekunden, Art. 61a BIV-FINMA einzuhalten.
Banken, welchen es nicht gelingt, mit ihren Gegenparteien fristgemäss eine Anerkennungsklausel zu vereinbaren, wären letztlich gezwungen, weitere Transaktionen mit den betreffenden Gegenparteien zu unterlassen. Aufgrund der bestehenden Umsetzungsprobleme geht die FINMA davon aus, dass eine sehr grosse Anzahl von Geschäftsbeziehungen von einem solchen Handelsstopp betroffen wäre. Um einschneidende Auswirkungen auf den ganzen schweizerischen Finanzplatz zu vermeiden, hat die FINMA in ihrer Aufsichtsmitteilung 01/2018 deshalb klargestellt, dass sie es toleriert, wenn Banken während höchstens 9 Monaten nach Ablauf der einschlägigen Umsetzungsfrist noch auf die Anordnung eines Handelsstopps verzichten. Die Banken, welche sich auf diese “Notfrist“ berufen wollen, müssen gegenüber der FINMA aber nachweisen können, dass sie sich in angemessener Weise um die schnellstmögliche Anpassung der relevanten Verträge kümmern. Im Einzelnen verlangt die FINMA von den betroffenen Instituten:
- Auskunft über den Umsetzungsstand und Rechenschaft über die getroffenen Massnahmen für die Gewährleistung der Umsetzung der gesetzlichen Pflichten;
- den Nachweis, dass fortlaufend angemessene Fortschritte in der Umsetzung der Pflichten erzielt werden; und
- die Auflösung der Vertragsbeziehung nach vorgängiger Androhung im Falle der definitiven Verweigerung einer Vertragsanpassung durch eine Gegenpartei.
Die FINMA wird die Umsetzung der gesetzlichen Pflichten gemäss Aufsichtsmitteilung 01/2018 in Absprache mit den betroffenen Banken weiter begleiten.