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Datenschutz im Arbeitsrecht: Voraussetzungen und Grenzen bei der Überwachung am Arbeitsplatz
Mitarbeiterüberwachung durch den Arbeitgeber ist ein heikles Thema. Sowohl im Arbeitsrecht wie auch im Datenschutz finden sich dazu aber klare Regeln. Mit diesem Alert zeigen wir Ihnen die rechtlichen Voraussetzungen und Grenzen der Überwachung am Arbeitsplatz auf und gehen auf konkrete Praxisbeispiele ein.
Mitarbeiterüberwachung – gesetzliche Grundlagen
Der Arbeitnehmer ist in der Schweiz gegen einen Eingriff in seine Privatsphäre während seiner beruflichen Tätigkeit durch arbeitsrechtliche Bestimmungen und durch das Datenschutzgesetz («DSG») geschützt. Die arbeits- und datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Überwachung von Arbeitnehmern hängt zunächst von der Art der Auswertung der Daten ab. Die Zulässigkeit einer personenbezogenen Auswertung (d.h. Rückschlüsse auf bestimmte oder bestimmbare Person sind möglich) setzt immer einen Verdacht auf einen Regelverstoss voraus, wobei der Verdacht auch aus einer vorgängig anonymen Auswertung stammen kann. Wird das Verhalten der Mitarbeiter nicht personenbezogen ausgewertet, darf eine Überwachung systematisch erfolgen, auch ohne dass ein Verdacht auf ein Normen- oder Regelverstoss eines Mitarbeiters vorliegt.
Die Auswertung von Mitarbeiterdaten als Personendaten sind als Datenbearbeitung im Sinne von Art. 3 lit. e DSG zu qualifizieren. Daher sind die datenschutzrechtlichen Grundsätze wie namentlich die Rechtmässigkeit, die Zweckbindung und die Transparenz der Bearbeitung einzuhalten. Insbesondere ist aufgrund des Gebotes der Transparenz der Arbeitnehmer vorgängig über Art, Ziel und Zweck der Bearbeitung zu informieren. Damit die Auswertung von Personendaten eines Arbeitnehmers zulässig ist, braucht es einen Rechtfertigungsgrund. Als zulässige Gründe kommen beispielsweise die Kontrolle der Einhaltung von Gesetzen, der Verdacht auf strafrechtlich relevantes Verhalten oder der Verdacht auf eine Verletzung des Arbeitsvertrages oder von Weisungen des Arbeitgebers infrage. Weiter muss jede Überwachungs- und Kontrollmassnahme bezüglich ihres Zwecks und ihrer Wirkung verhältnismässig sein. Für die Prüfung der Verhältnismässigkeit muss eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmenden durchgeführt werden.
Das Arbeitsrecht schränkt die Datenbearbeitung durch den Arbeitgeber in Art. 328b Obligationenrecht weiter ein, indem der Arbeitgeber Daten über den Arbeitnehmer nur bearbeiten darf, soweit sie dessen Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages erforderlich sind. Erfolgt die Überwachung zur Kontrolle, ob der Arbeitnehmer gesetzliche Vorschriften oder Weisungen einhält, ist der geforderte Bezug zum Arbeitsverhältnis gegeben.
Überwachungs- und Kontrollsysteme am Arbeitsplatz
Als Überwachungs- und Kontrollsysteme werden alle technischen Einrichtungen definiert, durch die einzelne oder mehrere Tätigkeiten oder Verhaltensweisen der Arbeitnehmer erfasst werden können. Namentlich fallen beispielsweise das Mithören/Aufzeichnen von Telefongesprächen, die Videoüberwachung, die Auswertung der E-Mails sowie die Überwachung des Surf-Verhaltens im Internet des Angestellten darunter.
Ergänzend zu den obgenannten Voraussetzungen ist der Einsatz von Überwachungssystemen einerseits auch aus Sicherheitsgründen und andererseits zur Erfassung der Arbeitsleistung erlaubt. Verboten hingegen ist der Einsatz von Überwachungssystemen zum Zwecke der Verhaltensüberwachung der Arbeitnehmer (Art. 26 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz).
Zusammengefasst dürfen Überwachungs- und Kontrollsysteme nur unter den folgenden Voraussetzungen eingesetzt werden:
- Der Grund für ein Überwachungssystem muss ein anderer sein als die Verhaltensüberwachung.
- Die Überwachung muss im Verhältnis zur Erreichung des Überwachungsziels notwendig und verhältnismässig sein.
- Die betroffenen Arbeitnehmer werden vor der Überwachung über den Zweck und Verwendung der Personendaten informiert.
Internetnutzungsreglement des Arbeitgebers
Häufig legt der Arbeitgeber in einem sog. Nutzungsreglement fest, welche Internet- und E-Mail-Nutzung durch den Arbeitnehmer zulässig ist und welche nicht. Eine Nutzung der elektronischen Infrastruktur des Arbeitgebers, die gegen das Nutzungsreglement verstösst, ist als Missbrauch oder Regelverstoss zu qualifizieren. Der Arbeitgeber ist berechtigt, Vorwürfe und Missstände, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen, abzuklären. Selbstverständlich müssen auch bei einem Nutzungsreglement die obigen Regeln und Voraussetzungen eingehalten werden.
Mit dem Nutzungsreglement kommt der Arbeitgeber zudem dem Gebot der Transparenz aus dem Datenschutz nach. Insbesondere ist in einem entsprechenden Reglement festzuhalten, welche Auswertungen für welche Zwecke mit welchen Daten durchgeführt werden. Dieses Nutzungsreglement muss allen Arbeitnehmern jederzeit zugänglich sein. Diesfalls ist für den Arbeitnehmer die Möglichkeit einer Überwachung erkennbar.
Eine vorgängige Orientierung der betroffenen Arbeitnehmer über die effektiv stattfindende Überwachung der Mitarbeiter (über die allgemeine Information in einem Nutzungsreglement hinaus) ist nach der Rechtsprechung nicht notwendig, falls mit der Überwachung ein Verdacht eines Regelverstosses erhärtet werden soll. Im Nachhinein ist der Mitarbeiter hingegen zu informieren.
Aufzeichnung von Telefongesprächen der Arbeitnehmer
Die Aufzeichnung von Telefondaten darf nicht dem Zweck dienen, das Verhalten der Arbeitnehmer zu kontrollieren, zusätzlich muss ein Verdacht eines Regelverstosses vorliegen. Eine Aufzeichnung aus Sicherheitsgründen oder aus Gründen der Leistungskontrolle (z.B. bei Schulungszwecken) ist erlaubt, sofern sie nicht von Dauer und auch nicht systematisch erfolgt. Die betroffenen Personen sind vorgängig über die Aufzeichnung zu informieren. Nicht erlaubt ist die Überwachung von privaten Telefongesprächen. Besteht gemäss dem Nutzungsreglement ein Verbot, Privatgespräche über das Geschäftstelefon zu führen, so muss den Angestellten die Möglichkeit gegeben werden, in dringenden Fällen von einem unbeaufsichtigten Anschluss aus telefonieren zu können.
Überwachung des Surf-Verhaltens und Auswertung des E-Mail-Verkehrs der Mitarbeiter
Sowohl das Surfen wie auch das Mailen hinterlassen Spuren, indem gemeinsam benutzte Informatikmittel (z.B. Server) eine Protokollierung der durchgeführten Aktivitäten aufzeichnen. Sie erstellen sog. Logfiles. Da diese Randdaten Angaben zur Person des Senders und des Empfängers enthalten, handelt es sich dabei um Personendaten im Sinne des DSG.
Unter der obgenannten Voraussetzung, dass der Verdacht eines Regelverstosses durch einen Mitarbeiter vorliegt oder wenn aufgrund einer anonymen Auswertung ein Regelverstoss festgestellt wurde, dürfen diese Randdaten ausgewertet werden, wenn sie für eine Verdachtsaufklärung geeignet sind. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit ist die Auswertung auf das Erforderliche und Geeignete zu beschränken. Zur Beurteilung der Verhältnismässigkeit ist eine Interessenabwägung im Einzelfall notwendig.
Aus arbeitsrechtlicher Sicht kann der Arbeitgeber jederzeit und voraussetzungslos Zugang zu geschäftlicher Korrespondenz wie E-Mails verlangen. Die Auswertung privater E-Mails stellt hingegen eine Verletzung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers dar, es sei denn, ein Rechtfertigungsgrund nach Art. 13 Abs. 1 DSG liegt vor. Unter Umständen können private Interessen des Arbeitgebers auch eine solche Auswertung zulassen, z.B. die Prüfung, ob strafrechtliches Verhalten vorliegt.
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